Was unterscheidet die Arbeit einer(s) Künstler*in von der Arbeit anderer Berufsgruppen?
Sie entsteht, indem wir unser tiefstes Inneres nach außen stülpen, es auf Papier, Leinwand, vor die Linse bringen, in Stein meißeln oder sprechend, singend, tanzend, dirigierend, animierend, ausdrücken, was uns tief im Herzen bewegt.
KunstArbeit ist mehr als „nur“ ein Endprodukt, Kunstarbeit erfordert lange Vorbereitungs-, Inspirations-, Schaffensprozesse. Für Aussenstehende kaum sicht- oder wahrnehmbar, finden diese kreativen Prozesse statt, die man nur schwer erklären und auch nicht steuern kann, sondern die von der Kraft unserer Herzen geführt werden. „Sie haben einen Text vor sich und dann?“- wurde ich in dieser Woche zweimal gefragt, von einem guten Freund – Logistiker und einer Journalistin.
Ja und dann?
Lese ich, höre Musik, schließe die Augen, und Bilder entstehen vor meinem inneren Auge. Sie in Worte und Bilder zu fassen, ist dann meine Arbeit beim “Inszenieren”. Rational erklären lässt es sich nicht anders.
Auf Intuition und Bauchgefühl vertrauen lernen, Ästhetik, individueller Stil, Einzigartigkeit – Künstler*innen sind ständig auf der Suche danach. Zeit und Ruhe sind entscheidende Faktoren. Wer von uns vermag sich schon genau vorzustellen, wie lange Meister*innen wie Mozart, Goethe oder Frida Kahlo an Ihren Schaffensprozessen saßen, bis das Werk vollendet war.
Ich möchte unterstellen, dass alle Menschen, wenn sie in sich hineinhorchen, eine Art „Getriebensein“, einen Ausdruckswillen, eine „Kreativität“ und diese „Schöpferkraft“ spüren können. Wird sie von klein auf gefördert, unterstützt und genährt, kann diese Kraft zur positiven Entwicklung aller Menschen beitragen.
Und wenn dann aus Berufung – Beruf wird?
Die Uhren unserer modernen, gewinnorientierten Welt ticken anders als die der Kunstwelt. Ein*e Künstler*in kalkuliert nicht in Bürostunden.
Inspiration kennt keine Tageszeiten, sie verhält sich wie ein Sturzregen und hinterlässt sein Medium zu Unzeiten triefendnass von Ideen und diese kreative Energie will sich Raum machen. Das passt nicht in einen Eight to Five Job.
“Der Applaus ist das Brot des Künstlers?“ – Nein.
Auch wir haben Kinder, Wohnungen, Autos, Mieten, Versicherungen zu bezahlen.
Und wovon leben wir? Ab wann ist ein Werk ein Werk, ein Produkt, das einen Verkaufswert darstellt? – Wie misst man den Wert von Kunst in Geld?
#wirsindunserebetriebskosten. Wir sind hochspezialisierte, hochausgebildete, emotionale und körperliche Hochleistungssportler*innen, sensible und kosmopolite Arbeiter*innen eines weltweit, florierenden, nachhaltigen, gesellschafts- und sozial-immanenten Business dessen Wert sich nicht in Bürostunden und Zahlen kalkulieren lässt. Sondern in den Lebenselixieren Wohlbefinden, Entspannung und Reinigung.
Kunstausübung- oder -rezeption beeinflusst laut einer aktuellen kanadisch-deutschen Studie eine positive Entwicklung von Menschen: “Musik lässt Nervenzellen im Gehirn neu verschalten und Hirnareale besser vernetzen. Musikkurse bewirken bei Schülern einen positiven Effekt auch in Mathematik, Sprachen und Naturwissenschaften. Theater verbindet und hilft bei Identitätsbildung, Menschen werden offener für Neues, kooperativer und weniger sozial ängstlich.”
Singen ist Therapie.
Doch wie gesagt – Glück allein reicht nicht zur Sicherung des Lebensunterhalts!
Wer ausschließlich die kreative, künstlerische Arbeit für seinen Broterwerb auserkoren hat, steht zwangsläufig irgendwann vor der Frage nach dem Wert seiner Arbeit.
Künstler*innen lernen nie aus. Lebenslanges Lernen ist eine ihrer Besonderheiten, die unbedingt ihren Wert hat. Auch für die Gesellschaft. Wir suchen, wir finden, wir verwerfen, wir machen neu, wir experimentieren, wir entwickeln, wir sind ständig in Bewegung, wir sind neugierig, wir wollen spielen.
Wir Kunstschaffenden müssen, lernen den Wert unserer Arbeit bestimmen und äußern zu können, da nur wir tatsächlich wissen, was diese Arbeit an Wissen, an Prozessen, Zeit und Intrinsisches beinhaltet. Wir sollten aufhören uns zu rechtfertigen und uns von etwaigen Erwartungen anderer emanzipieren. Häufig ist es schwer auszuhalten, dass die Menschen für die Kultur immer weniger Geld ausgeben bereit sind. Wir haben die Verantwortung dafür, das zu ändern! Wir sprechen zu wenig über das was wir leisten und den Mehrwert den wir bringen.
Lasst uns unsere Fassaden abreißen! Sollen doch alle dahinter schauen. Bieten wir Authentizität, Wahrhaftigkeit und Momente echter Offenbarung, nach unseren Werten und Maßstäben. Das wird die Menschen beeinflussen. Davon bin ich überzeugt.
Wir müssen an die Kunst glauben, wenn es der Rest der Welt fast vergessen hat. Und die Menschheit wird irgendwann merken, was ihr ohne Theater, Museum oder Konzert fehlt und dass WIR dann den Mehrwert bieten können für den Seelenfrieden jedes einzelnen und wir und unsere Arbeit dann der wahre Reichtum sind, der nicht in Geld zu messen ist!
Arbeiten wir an unserem Selbstverständnis und Selbstvertrauen, räumen wir auf mit den Sprichworten von brotloser Kunst, ziehen aus aus den Dachkammern. Glauben wir an die Kraft unseres Herzens, die Kraft der Kunst, die schon Weltkriege und andere Krisen überlebt hat und vertrauen uns, unserer Kunst. Bieten wir Authentizität, Wahrhaftigkeit, und Momente echter Offenbarung, nach unseren Werten und Maßstäben.
Kunst hat Mehrwert und ist schützenswertes Luxusobjekt zugleich.
Bis jetzt hat sie alles überlebt.
Kunst ist der wahre Reichtum unserer Welt.